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Irak: Neues Selbstbewusstsein

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Der designierte irakische Ministerpräsident Adel Abd Al-Mahdi (l.) und Präsident Barham Salih Anfang Oktober in Bagdad Foto: Karim Kadi...

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Der designierte irakische Ministerpräsident Adel Abd Al-Mahdi (l.) und Präsident Barham Salih Anfang Oktober in Bagdad

Foto: Karim Kadim/AP/dpa

Es ist 15 Jahre her, dass eine von den USA und Großbritannien angeführte »Koalition der Willigen« in den Irak einmarschierte. Vorwand der völkerrechtswidrigen Invasion war die Lüge von angeblichen »Massenvernichtungswaffen« im Irak – sie wurden nie gefunden. Die irakische Armee, Regierung und die Baath-Partei wurden aufgelöst und verboten. So wurde der Boden für Al-Qaida im Irak bereitet.

Religiöse und ethnische Spannungen wurden geschürt, Gewalt breitete sich aus. Unter der Herrschaft eines US-Gouverneurs begann die blutige Geschichte der Besatzung, die offiziell im November 2008 endete. Seitdem werden die anhaltende US-Präsenz und die damit verbundene politische und militärische Einflussnahme durch eine Vereinbarung zwischen Washington und Bagdad über die Truppenstationierung (SOFA) und ein Strategisches Rahmenabkommen garantiert.

Die Parlamentswahlen im Mai 2018 haben ein neues Selbstbewusstsein der Iraker verdeutlicht. Nach Besatzung und Krieg, nach drei Jahren Ausnahmezustand und Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) scheinen sie religionsübergreifend nach neuen Wegen aus der Misere zu suchen. Die Wahl wurde von einem Bündnis aus schiitischen Muslimen und Kommunisten gewonnen, der Bewegung »Sairun«. Sie wird von dem schiitisch-muslimischen Geistlichen Muktada Al-Sadr angeführt. Dieser hatte nicht nur die Sadr-Milizen gegen die US-Besatzung aufgestellt, er organisiert seit Jahren auch Demonstrationen gegen korrupte Regierungen, denen es – trotz Milliarden an Hilfsgeldern und Einnahmen aus dem Ölgeschäft – bis heute nicht gelungen ist, Arbeitsplätze für die Jugend, genügend bezahlbaren Wohnraum, Strom- und Wasserversorgung und ein umfassendes Gesundheitssystem zu gewährleisten.

Die Regierungsbildung wurde lange Zeit verhindert durch die Starrköpfigkeit der alten Führung um Ministerpräsidenten Haidar Al-Abadi, der Wunschkandidat der USA und Europas ist. Zudem hatte es einen Streit gegeben zwischen dem Wahlsieger Sairun und der Fatah-Allianz, in der die Volksmobilisierungseinheiten (PMU) unter Führung von Hadi Al-Amiri vertreten sind. Als Al-Abadi sich gegenüber dem Wahlsieger Al-Sadr kompromissbereit zeigte, frohlockte der Westen bereits.

Anfang September aber trafen sich die beiden schiitisch-muslimischen Schwergewichte in der Region – Generalmajor Kasem Soleimani von den iranischen Al-Kuds-Brigaden und Hassan Nasrallah, der Vorsitzende der libanesischen Hisbollah – mit Al-Sadr in der libanesischen Hauptstadt Beirut. Zuvor hatte es in Nadschaf Gespräche mit dem höchsten schiitisch-muslimischen Geistlichen im Irak, Großajatollah Ali Al-Sistani, gegeben. Es kam Bewegung in die festgefahrene politische Situation in Bagdad.

Berichten zufolge einigte man sich auf Adil Abd Al-Mahdi als Kandidaten für das Amt des irakischen Regierungschefs, Al-Abadi blieb außen vor. Der ehemalige Kommunist Abd Al-Mahdi, der seit den 1960er Jahren in Paris lebte, hatte sich 1979 ideologisch der »islamischen Revolution« im Iran angeschlossen und war Vertreter der Exilorganisation des »Hohen islamischen Rates im Irak« in Frankreich geworden. Als solcher war er 2003 nach Bagdad zurückgekehrt.

Begünstigt durch die Schwächung der gegenüber den USA loyalen kurdischen Partei der Demokratie (KDP) konnte sich Barham Salih von der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) bei der Wahl zum neuen irakischen Präsidenten durchsetzen. Die PUK hat traditionell zwar auch gute Kontakte in die USA und nach Europa, pflegt aber ebenfalls gute Beziehungen zum Iran. Unmittelbar nach seiner Wahl beauftragte Salih dann Adil Abd Al-Mahdi mit der Regierungsbildung.

Die Stärke des Iran bei der politischen Neuordnung der Region hatte sich bereits im Rahmen der von Moskau vermittelten Astana-Gruppe gezeigt. Russland, der Iran und die Türkei arbeiten unter Einbeziehung Syriens in ihr zusammen und konnten seit Anfang 2017 die meisten Kriegshandlungen im Syrien-Krieg beenden.

Die US-Präsenz östlich des Euphrat – die nach Angaben von US-Verteidigungsminister James Norman Mattis ausgebaut werden soll – und die anhaltende militärische Kooperation Washingtons mit den syrischen Kurden bedrohen nicht nur syrische, sondern auch türkische, irakische und iranische Interessen; das bringt diese Staaten zusammen. Die in der Region ausgehandelte Regierungsbildung in Bagdad schwächt die USA und ihre Bündnispartner der »Anti-IS-Allianz«.


by via junge Welt

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