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Gesundheitssystem: Bei Anruf kommt Dr. Reibach

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Zweiklassenmedizin: Privatpatienten bevorzugt (Archivbild) Foto: Tobias Hase/dpa Die Allianz-Versicherung hält sich für eine gemei...

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Zweiklassenmedizin: Privatpatienten bevorzugt (Archivbild)

Foto: Tobias Hase/dpa

Die Allianz-Versicherung hält sich für eine gemeinnützige Stiftung: »Die Allianz für Kinder.« Auf der Webseite ist zu erfahren, sie kümmere sich um »junge Menschen, die aufgrund ihrer körperlichen, geistigen, seelischen oder sozialen Entwicklung besonderer Förderung bedürfen«. Ein kurzes Werbevideo zeigt lachende Gesichter und bunte Luftballons. Ein kleines Mädchen im Krankenbett erhält Besuch von einem Clown und strahlt. Dazu die Einblendung: »Lena, 4 Jahre, wartet auf ein neues Herz.«

In den Notaufnahmen deutscher Kliniken gehört Warten zum grauen Alltag. Es soll Fälle geben, in denen Patienten vor lauter Geduld wieder gesund werden. Andere fangen sich beim Däumchendrehen bisweilen drei Krankheiten mehr ein. Das sind schlimme Zustände, findet die Allianz, gerade wenn es um die Kleinen und Kleinsten geht. Hausbesuche gehörten schon seit Jahren zum Leistungsangebot der Versicherung, erklärte eine Sprecherin am Freitag gegenüber junge Welt. »Wie wir festgestellt haben, ist es aber gerade nachts und am Wochenende für Eltern nicht immer einfach, den Hausbesuch eines Arztes zu organisieren.«

Das Projekt »Kinderärzte on the Road« soll dem abhelfen. Es soll zunächst aber nur getestet werden. Drückt Töchterchen mal der Bauch oder hat Sohnemann Durchfall, genügt ein Anruf oder ein Klick im Internet, und prompt steht Onkel Doktor auf der Matte – egal ob am Abend, in der Nacht oder am Wochenende. Vielversprechend sind auch die Begleitumstände: Wenn viele und immer mehr mitziehen, dann lichten sich bald auch die Wartezonen in den Krankenhäusern. Und übrig bleiben am Ende nur noch die, die sich den »Heimservice« nicht leisten können.

Denn selbstredend ist das Angebot nichts für gewöhnliche Kassenpatienten, also auch nichts für gewöhnliche Kinder. Profitieren können nur Privatversicherte mit Rundumschutz und dickem Portemonnaie, die laut Statistik auch noch seltener erkranken. Zudem soll es den Notruf nicht überall geben, fürs erste nur in München, Hamburg, Frankfurt/Main und Berlin, dort, wo die betuchte Klientel zu Hause ist, und nicht in Gelsenkirchen, Dessau oder auf dem platten Land. Dort gibt es sowieso kaum noch Ärzte.

Für ihr Projekt hat sich die Allianz den Dienstleister Medlanes ins Boot geholt. Der organisiert als »privatärztlicher Bereitschaftsdienst« Hausbesuche für »Privatpatienten und Selbstzahler«, so die Selbstdarstellung. Damit »vermeiden Sie die beschwerlichen Wege zum Hausarzt und die zum Teil unübersichtlichen Wartezeiten im Krankenhaus«. Medlanes ist bisher in 14 Städten präsent, will aber »in absehbarer Zeit einen deutschlandweiten Service« anbieten. Willkommen sind alle, die Geld haben, sogar gesetzlich Versicherte. Für 150 Euro schaut Dr. Reibach gerne auch mal bei Otto Normalverbraucher vorbei.

Was bisher nur den Großen vorbehalten war, wird es jetzt also auch »in klein« geben: Das Rundum-Sorglos-Paket für den Sprössling aus besseren Verhältnissen. Beim Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) kann man dem Vorstoß gar nichts abgewinnen. Das sei »ein Angriff auf das Recht aller Kinder auf bestmögliche medizinische Versorgung, eine ›Rosinenpickerei‹, die wir für moralisch höchst fragwürdig halten«, beklagte sich Verbandspräsident Thomas Fischbach in einer Medienmitteilung vom Donnerstag. Gesundheit sei ein nichtmaterielles Gut und keine Ware, »die nur Kindern wohlhabender Eltern in für private Versicherer lukrativen Regionen zusteht«.

»Scheinheiliger geht es kaum noch«, kommentierte der Funktionär das vermeintliche Ansinnen des Versicherers, die Notaufnahmen zu entlasten. Die Überfüllung sei Folge politischer Fehler, es brauche »mehr Medizinstudienplätze und mehr Weiterbildungsförderung, die Pädiater für eine Niederlassung motiviert«. Und je mehr Kinder-und Jugendärzte künftig ambulante Notdienste leisteten, desto mehr Kinder-und Jugendärzte fehlten in den Notdienststellen. »Das Allianz-Modell höhlt Solidarität und Gemeinsinn aus«, zog Fischbach Bilanz. Beim BVKJ hat man überdies medizinische Bedenken. Hausbesuche stellten »gerade in der Pädiatrie wegen der vor Ort fehlenden diagnostischen Möglichkeiten nicht die erste Wahl dar«. Bei akuten Erkrankungen rate man Eltern deshalb zum Gang in die Notfallambulanzen. Die »Allianz für Kinder« findet das bestimmt herzlos.


by via junge Welt

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