Schaffen fürs Umsatzziel? Operation am offenen Herzen Foto: Maurizio Gambarini/dpa Es ist bekannt, dass Profitdenken in deutschen ...
Schaffen fürs Umsatzziel? Operation am offenen Herzen Foto: Maurizio Gambarini/dpa |
Es ist bekannt, dass Profitdenken in deutschen Krankenhäusern das Handeln weithin bestimmt. Erst am Donnerstag kritisierte das »Hamburger Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus« in junge Welt, das System der diagnosebezogenen Fallgruppen (DRG) setze »viele falsche Anreize«, etwa dahingehend, unnötige Operationen vorzunehmen. Am Freitag berichtete die Hamburger Morgenpost (Mopo) unter der Überschrift »Chef zwingt Ärzte zu Eingriffen« über einen nahezu unglaublichen Auswuchs dieses Denkens, einen Fall, der sich im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) im Stadtteil Stellingen zugetragen haben soll.
Das vor kurzem vom Krankenhauskonzern Asklepios, zweitgrößter Klinikbetreiber des Landes, übernommene MVZ versorgt nach Angaben auf seiner Homepage im Jahr rund 25.000 Patienten mit Erkrankungen des Herzens und der arteriellen Blutgefäße. So werden zum Beispiel Herzkatheter oder Stents eingesetzt. Die Mopo schreibt, ihr lägen schriftliche Anweisungen des Klinikgeschäfsführers Karl Wenkel vor, in denen er den Ärzten mit Gehaltskürzungen droht, wenn sie nicht ein festgesetztes »Mindestsoll« an Eingriffen schaffen.
In einem Schreiben heiße es: »Wir haben erhebliche Einbrüche im interventionellen Bereich. Es ist deshalb zwingend erforderlich, dass es keinen Arbeitstag im Jahr mehr unter 20 Interventionen gibt. Ich bitte um strikte Einhaltung!« Kurze Zeit später habe Wenkel folgende Regelung angekündigt: »Wenn an einem Tag im Herzkatheterlabor keine 20 Interventionen (pro Arzt 10 Interventionen) gemacht werden, wird dem Arzt, der das Mindestsoll nicht erfüllt, am Monatsende pro fehlender Intervention das ärztliche Honorar in Höhe von 300,00 Euro vom Gehalt abgezogen.«
Eigentlich habe das MVZ einen guten Ruf, heißt es in dem Bericht weiter. Die beiden ärztlichen Chefs, die Kardiologen Joachim Schofer und Detlef Mathey, hätten komplizierte Eingriffe am Herzen weltweit erstmals durchgeführt. Weniger angesehen sei offenbar im Unternehmen Geschäftsführer Wenkel. Ende 2017 hätten sich Mitarbeiter der Klinik an Asklepios gewandt, über einen »inakzeptablen Führungsstil« und schlechte Behandlung weiblicher Mitarbeiter geklagt.
In einer Stellungnahme gegenüber der Mopo stritt der Klinikkonzern alle Vorwürfe rundheraus ab. Man sehe »keine Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten seitens der Geschäftsführung«. Man habe sich mit Karl Wenkel »ausgetauscht«. Dieser habe die Vorwürfe als unzutreffend bezeichnet, die Angaben in den Schreiben seien erklärbar. Asklepios wies ferner darauf hin, dass sich alle Vorwürfe auf die Zeit vor der Übernahme des MVZ durch das Unternehmen beziehen. Eine Überprüfung sei daher nicht möglich. Wenkel habe auf eine Anfrage nicht geantwortet, heißt es in dem Beitrag weiter.
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